Auf den Spuren der Templer in Sizilien
Zu jeder italienischen Gegend, zu jedem Ort, der irgendwo erwähnt wird, spult unser Kopfkino einen Film ab. Natürlich auch zu Sizilien. Schwarzverschleierte Witwen, von denen sich die Modemacher Dolce & Gabbana inspirieren ließen, Spaghetti alla Siciliana als Synonym für superscharfe Chili-Küche – und natürlich "Der Pate" und seine im Dorf Corleone beheimatete Familie.
Doch wieviel haben diese Vorstellungen mit der Realität zu tun? Es gibt sie, die in schwarze Spitzentücher gehüllten älteren Damen, die Küche ist scharf und die Mafia wird seit längerem mal mehr, mal weniger erfolgreich bekämpft. Aber Sizilien ist viel mehr als seine Klischees. Die größte der Mittelmeerinseln, die sich von der "Stiefelspitze" im Süden Italiens bis 160 Kilometer vor den afrikanischen Kontinent erstreckt, ist ein lebendiges Geschichtsdenkmal. Es gibt Spuren der griechischen Antike zu entdecken, wo Sizilien aufgrund seiner dreieckigen Form den Namen Trinacria bekam.
Brücke zwischen Orient und Okzident
Griechische Baukunst lässt sich bis heute in den Tempeln von Agrigento und Selinunte sowie dem Theater von Siracusa bewundern. Fährt man nach Ankunft in Catania weiter nach Palermo, der Hauptstadt der Autonomen Region Sizilien, finden sich Kirchen und Paläste, die von normannischen und arabischen Baumeistern zeugen. Bis heute ist die Stadt von einem gewissen orientalischen Flair geprägt. Vielleicht auch, weil der deutsch-sizilianische Stauferkaiser Friedrich II. lieber mit Muslimen als dem Papst paktierte. Dies erschwerte seinerzeit in Sizilien das Verhältnis zwischen dem Orient zugeneigten Staufern und den christlich orientierten Templern, kurz: zwischen Kaiser und Papst, enorm. Selbst, als Friedrich II. im Jahr 1245 auf dem Konzil von Lyon abgesetzt wurde, unterwarf er sich nicht dem Papst, dem es nicht gelang, ihn aus Sizilien zu vertreiben.
In der Zeit der Tempelritter im Mittelalter war Italien in verschiedene Bereiche unterteilt: Norditalien, Mittelitalien und Süditalien, wobei Letzteres Neapel, Kalabrien, Apulien und Sizilien umfasste. Dieser Teil gehörte zum Heiligen Römischen Reich. Die Tempelritter waren militante Mitglieder des europaweit vernetzten Templerordens, einem von 1118 bis 1312 fast zwei Jahrhundert lang bestehenden geistlichen Ritterorden. In ihm vereinten sich die Ideale des Mönchtums mit jenen des adligen Rittertums. Während der Kreuzzüge war der Templerorden eine schlagkräftige, militärische Eliteeinheit, die direkt dem Papst unterstand. Bis heute finden sich zu den Templern mindestens ebenso viele Klischees wie zu Sizilien. Nimmt man beides zusammen, entsteht ein Bild, das eher dem Hirn eines Hollywood-Produzenten als der Realität entspricht.
Architektonische Zeugen der Templerzeit
Auch, wenn letzten Endes in Sizilien das Urteil von 32 Laien über den Orden gesprochen wurde, haben die Templer Spuren auf der Insel hinterlassen. So etwa mit der Kirche San Marco in der Hafenstadt Messina im Nordosten Siziliens, wo der Provinzmeister der Templer von Sizilien/Kalabrien seinen Sitz hatte. Für weitere Spuren der Templer muss man sich auf das italienische Festland begeben, wo in Trani bis heute die Kirche Ognisanti, das Schwabenkastell, die Kathedrale sowie das Templerhospiz besichtigt werden können, während sich vor den Stadttoren das Castel del Monte befindet, das von Friedrich II. erbaut wurde.